Absurde Zusendungen: Hallo

Seit einiger Zeit bekomme ich ungewollte Post, Mail und Anrufe von Fans eines Namenskollegen von mir. Immer wieder mache ich dabei die gleichen Beobachtungen, wenn ich mich zu einer Antwort durchringe. Die E-Mail vor ein paar Tagen begann mit einer harmlos erscheindenen Betreffzeile. Doch nach dem Lesen fand ich mich einigermaßen verstört wieder.

Vor ein paar Tagen erreichte mich folgende E-Mail von Patient Nr. 133:

Wir kommen aus [Mordor] und möchten gerne was an die Öffentlichkeit bringen.
Wir waren in einem Rewemarkt in [Entenhausen] einkaufen.
Wir haben zwei Dunkelhäutige ohne Maske im Markt bemerkt und keiner hat diese ermahnt die Maske aufzusetzen.  Daraufhin nahmen wir auch die Maske ab.
Wir wurden sofort aufgefordert die Maske aufzuziehen.
Wir verneinten und sagten wenn die nicht brauchen , brauchen wir auch nicht. Die sache Eskalierte fast und keiner traute sich diese beiden Dunkelhäutigen anzusprechen. Es wird in zweierlei Maß gemessen.
Diese Sache gehört in die Öffentlichkeit. Vielleicht können Sie dafür Sorgen
MfG [Patient Nr. 133].

Meine erste Reaktion war, dass ich es hier offensichtlich mit jemand hochwohlgeborenen zu tun hatte. Ich meine, sonst hätte die Person sicherlich nicht das königliche „Wir“ verwendet. Zumindest kam es mir so vor. Also musste ich mich ein wenig förmlicher in meiner Antwort zeigen. Ich fürchte, so ganz ist mir das vielleicht nicht gelungen.

Sehr geehrter König [Patient Nr. 133],

da Sie Sich mir nicht vorgestellt haben – und ich muss Eurer Durchlaucht leider gestehen, dass ich Ihren Namen bisher noch nirgendwo gesehen habe, obgleich Sie offensichtlich das geläufige königliche „Wir“ hier zu verwenden scheinen – versuche ich trotzdem den richtigen Ton im Umgang mit dem Adel zu finden. Ich bin so förmliche Kommunikation leider nicht gewohnt, da sich nicht so viele hochwohlgeborene normalerweise beim landläufigen Pöbel wie mir melden. Ich hoffe, Sie können mir nichtsdestotrotz eventuelle Misformulierungen verzeihen, bevor Sie mich vorzeitig unter die Guillotine verurteilen.

Nach dem aufmerksamen Lesen Ihres offiziellen Communiques kam ich nicht umhin, nach einem Bild von Ihnen zu suchen. Das beste, das ich finden konnte, scheint mir auf Basis Ihres Narrativs diesem Bild hier zu entsprechen: 

(Allerdings scheinen da nicht nur ein paar Zacken in der Krone zu fehlen, sondern gleich die ganze Krone.)

Von allmächtig Eingesetzten bin ich dieses Niveau (nein, nicht die Creme) von Beschwerden allerdings nicht wirklich gewohnt. Warum haben Sie nicht gleich einen königlichen Erlass verkündet und die Inquisition ausgesandt?

Ich bin mir auch ein wenig unsicher, über meine königlich veranlasste Aufgabe in der ganzen Geschichte. Ersuchen Sie meine Beratung als königlicher Berater in dieser Sache? Oder ersuchen Sie meine Hilfe bei der Veröffentlichung Ihres Erlasses in dieser Sache?

Mit hochachtungsvollen Grüßen
Markus Gärtner

P.S.: Mal Scherz beiseite und ich weiss, dass derart unfähige Menschen, die E-Mail Adressen vor dem ungewollten Anschreiben nicht überprüfen, da ein wenig schwer von Begriff sind. Immerhin sind Sie ja schon die 133. ungewollte Zusendung, die ich bekommen habe. Und da ich mittlerweile gebrandmarkt bin, was das Ironieverständnis meines Klientels angeht, mache ich den Rest jetzt mal in ganz kurz: https://www.mgaertne.de/2021/05/eine-sehr-direkte-antwort/

P.P.S.: Viele Grüße von teufelskerlin.

P.P.P.S.: Ihrer Bitte um Veröffentlichung Ihrer Kleinkrämerei bin ich trotzdem mal nachgekommen.

P.P.P.P.S.: Ich frage mich ernsthaft, wie vielen hellhäutigen Mitbürgern gegenüber Sie ähnliches Verhalten an den Tag legen.

P.P.P.P.P.S.: Vor rund zwei Monaten schrob ich im Zwitscherversum folgendes: 
Ich war gerade einkaufen und habe bemerkt, dass ich wohl die letzten Lockerungsmaßnahmen nicht mitbekommen habe. Gesichtsdmasken helfen jetzt auch, wenn man sie nur am Kinn trägt und der Einkaufswagen zum besseren Einhalten des Abstands ist jetzt optional.

Daraufhin wortete mir ein Bekannter ant:
Ich habe mich letzte Weihnachten bei allen Mitarbeitern „meines“ Supermarktes mit jeweils 50 Euro „Weihnachtsgeld“ für ihre außergewöhnliche Leistung im Jahr 2020 bedankt. Die haben ein tägliches Ringen mit Maskenverweigerern und Coronaleugnern durchlebt.

Nach dem Lesen Ihres Gejammers ziehe ich eine höhere Spende in meinem lokalen Supermarkt in diesem Jahr ernsthaft in Erwägung. Vielleicht sollten Sie das auch tun, falls man Sie nicht wegen Fremdenfeindlichkeit dort mit Hausverbot versehen haben sollte – was ich nachvollziehen könnte.

Ich bezweifle stark, dass ich von diesem Königreich nochmals hören werde.

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