Bottom-Up oder Top-Down?

Es gibt Situationen, da wünschte ich, dass Entscheidungen nicht von oben herab getroffen werden. In anderen Situationen empfinde ich, dass eine kritische Entscheidung unnötig viel Zeit in Anspruch nimmt, weil alle mitdiskutieren dürfen – und es leider auch tun. Ich sortiere meine Gedanken mal hier, um Vor- und Nachteile von Bottom-Up Entscheidungen mit denen on Top-Down Entscheidungen abzuwägen.

Top-Down Entscheidungen

Wie sollen unsere Teams aufgeteilt werden? Wie viel Gehalt bekommt jeder Mitarbeiter? Auf welches Thema möchten wir uns in der nächsten Zeit am Produkt fokussieren?

Das sind nur ein paar Beispielen von Situationen, in denen Organisationen gerne Top-Down Entscheidungen treffen. Meistens involvieren diese Entscheidungen eine kleine Auswahl von Entscheidern, z.b. nur der Product Owner, die Vorgesetzten der Teammitglieder der betroffenen Teams oder die direkte Vorgesetzte bei der Gehaltsfindung.

Der Vorteil dieser Form der Entscheidungsfindung ist eine zeitliche Komponente. Die Entscheidung kann schnell – im Vergleich zur Involvierung aller Beteiligten – gefällt werden. Die Product Ownerin gibt die Richtung für das Produkt vor.

Die Nachteile ergeben sich daraus, dass wir als Menschen gerne unser eigenes Glückes Schmied bleiben möchten. Eine Entscheidung von jemand anderem, die unser weiteres Glück betrifft, – wie zum Beispiel wie viel Gehalt wir in den kommenden Monaten bekommen werden – kann dann schon mal auf wenig Gegenliebe stoßen. „Der hat doof entschieden“ kursiert dann schon mal in den Köpfen.

Das bedeutet insbesondere, dass bei Top-Down Entscheidungen nicht nur wichtig ist, dass die Entscheiderin das entsprechende Mandat für die Entscheidung bekommt, sondern auch, dass die Person sich um die Begleitung der Entscheidung kümmern sollte. Ein Product Owner mit guten Kommunikationsfähigkeiten wird sich beispielsweise leichter damit tun, eine unliebsame Entscheidung auch an die Stakeholder-Gemeinschaft des Produktes heranzutragen, als eine Person, die dort Defizite hat.

Zusammenfassend sind Top-Down Entscheidungen immer dann sinnvoll, wenn sie zeitlich kritisch sind, viel von der Entscheidung abhängen könnte, und wenn die Entscheidungsperon gut in der weiteres Begleitung gerüstet ist.

Bottom-Up Entscheidungen

Basis-demokratische Entscheidungen, die von allen mitgetragen werden, bedürfen einer Entwicklung eines geteilten mentalen Modells rund um das Entscheidungsthema. Dann kann die Gruppe als solche eine Entscheidung treffen, die von einer Mehrheit mitgetragen wird – vielleicht sogar von allen Beteiligten.

Dieser Prozess der Entwicklung eines gemeinsamen mentalen Modells bedarf allerdings Zeit. Die Gruppe muss ihre Sichtweisen austauschen, so dass wir ein allumfängliches Bild bekommen, welche Nuancen und Beweggründe die Gruppe als ganzes bewegen könnte bei den Konsequenzen einer Entscheidung.

Die einleitenden Fragestellungen kann man auch als Bottom-Up Entscheidung fällen. Die Aufteilung von Teams können Teammitglieder z.B. in einem self-designing teams workshop vornehmen, die Gehaltsfindung kann über transparente Gehälter und einen Konsultationsprozess geschehen. Die Festlegung der Richtung kann eine Product Ownerin auch kollaborativ mit der Stakeholder-Gemeinschaft erarbeiten.

Bottm-Up Entscheidungen bedürfen mehr Zeit, bieten aber den Vorteil, dass die Ergebnisse von mehr Menschen per Definition mitgetragen werden. Das bedeutet, die initiale Entscheidung dauert vermutlich länger, die Begleitung im Nachhinein muss aber weniger intensiv als bei Top-Down Entscheidungen sein.

Geht nicht auch beides?

Oh, gute Frage. Bottom-Up vs. Top-Down Entscheidungen sind zwei Extrema im Entscheidungskontinuum. Natürlich kann man den Graubereich zwischen diesen Extrempositionen auch unterschiedlich gemischt füllen. Ein einzelner Entscheider fällt ihre Entscheidung erst nach einer Gruppenkonsultation ist beispielsweise eine Ausprägung. Das Einsetzen eines konsultativen Einzelentscheiders, der die Aufgabe bekommt, die Stimmen im System zu hören, bevor sie eine Entscheidung trifft, ist eine andere Ausprägung.

Bei den Vor- und Nachteilen ergibt sich dann allerdings auch eine Mischform von den Konsequenzen, die man nicht übersehen sollte. Die Begleitung eines Veränderung nach einer konsultativen Einzelentscheidung ist genauso wichtig, wie die Entscheidung selbst.

Ich bin mir sicher, dass in diesem Kosmos noch weitere Entscheidungsmöglichkeiten entdeckt werden können. Es muss nicht immer unser präferiertes Entscheidungsmodell für alles benutzt werden.

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